Das Leben stellt jeden Tag Fragen, wir Menschen haben das Primat der Antworten

19.1.25

Täglich stellt das Leben viele unterschiedliche Fragen an uns. Zum Beispiel scheitern wir mit einem Vorhaben, oder wir besuchen ein Restaurant, doch das Essen schmeckt uns nicht, oder eines unserer Kinder wird krank, oder wir gewinnen im Lotto. All diese Situationen könnte man als Fragen, die das Leben an uns stellt interpretieren. "Dein Kind hat eine Behinderung, wie gehst Du damit um?", oder "Das Essen schmeckt nicht, was machst Du?", oder "Du bekommst eine Erkältung, wie gehst Du damit um?", oder "Du gewinnst im Lotto, was machst Du?" Und nun ist es an uns, diese Fragen zu be- und gleichzeitig zu ver-antworten. Denn jede Frage birgt unzählige Möglichkeiten in sich. Wenn das Essen im Restaurant nicht schmeckt, kann ich z.B. den Kellner beschimpfen, oder den Teller vom Tischfegen, oder einfach gehen ohne zu bezahlen, oder einen riesigen Aufstand machen, oder mich schlecht fühlen, weil ich das falsche Restaurant gewählt habe, oder, oder, oder. Ich kann mich aber auch am Sinn orientieren und das Gespräch mit dem Koch suchen. Ich kann mitfühlend reagieren und fragen, wie es ihm heute geht, oder ich überlege mit dem Kellner zusammen, wie eine gute Lösung für alle Beteiligten aussehen könnte. Es ist nicht an uns zu fragen, warum ausgerechnet ich? Wir sind nicht diejenigen, die fragen, sondern einzig und allein auf unsere Art zu antworten, darauf kommt es an. Und diese Art der Antwort haben wir zu verantworten, denn sie erzählt von uns, so formen wir unsere Persönlichkeit. Viktor Frankl beschrieb eine Situation, die er 1944 indem Konzentrationslager erlebte, in dem er inhaftiert war. Kurz vor Weihnachten machte ein Gerücht die Runde, dass alle Häftlinge an Weihnachten befreit würden. In dieser Erwartung mobilisierten sie ihre letzten Kräfte und warteten sehnlichst auf diesen Tag. Doch dann geschah gar nichts. Danach gab es ein Massensterben, weil die letzte Hoffnung sich nicht erfüllte. Doch einige, die sich anders entschieden, wandten sich an Frankl und fragten ihn, was sie denn jetzt noch vom Leben zu erwarten haben. Doch Frankl sagte ihnen, dass dies die falsche Frage sei. Sie seien nicht diejenigen, die etwas vom Leben zu erwarten haben, sondern es ist umgekehrt. Das Leben stellt die Fragen, und sie sind diejenigen, die antworten. Und diese Antwort sollte sich am Sinn orientieren, denn das Leben behält unter allen Umständen seinen Sinn. Frankl nennt dies die kopernikanische Wende.

Welche Fragen stellt das Leben an Sie? Und wie bewusst wählen Sie die Antworten aus den unzähligen Möglichkeiten?

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